Psychische Gesundheit: „Manche trauen sich nicht, Probleme anzusprechen“
Checkerin Nadine Kottar sprach mit zwei Lehrerinnen des Gymnasiums Hartberg über psychische Gesundheit, soziales Lernen und Probleme, die niemand unter den Tisch kehren sollte.
Eva Falkner:
„Ich bin seit 2006 am Gymnasium Hartberg als Lehrerin tätig. Ich unterrichte Latein und Psychologie/Philosophie.“
Andrea Handler:
„Ich unterrichte am Gymnasium Hartberg Deutsch, Psychologie/Philosophie und leite die Schulbibliothek unseres Bundesschulzentrums.“
Welche weiteren Funktionen haben Sie an der Schule?
Falkner: Ich bilde an unserer Schule die Peermediator:innen aus und habe viele Jahre Soziales Lernen unterrichtet. Ich bin im Mobbingpräventionsteam und habe die Ausbildung zum ILB (Individuellen Lernbegleiter) gemacht.
Handler: Meine weiteren Funktionen an der Schule sind: Schüler- bzw. Bildungsberaterin für die Oberstufenklassen, Schnittstelle zur Schulpsychologie und Praktikumskoordinatorin der PH Steiermark für alle Schulpraktika von Lehramtsstudent:innen. In den ersten Klassen durfte ich schon einige Male Soziales Lernen unterrichten.
Was bedeutet soziales lernen?
Beim sozialen Lernen wird daran gearbeitet, die Sozialkompetenz zu erhöhen, also einander wahrzunehmen, einander zu verstehen, miteinander umgehen zu lernen, sich in den anderen hineinzuversetzen, miteinander zu kommunizieren, gemeinsam an etwas zu arbeiten, Konflikte konstruktiv zu bearbeiten, niemanden auszugrenzen, einander wertzuschätzen und wertschätzend zu behandeln.
Soziales Lernen wird an unserer Schule in den ersten Klassen von den jeweiligen Klassenvorständ:innen unterrichtet, meist in Form einer Doppelstunde nach dem regulären Unterricht, einmal pro Monat. Inhalte sind das Herausfiltern der eigenen Lernmethoden der einzelnen Schüler:innen, das Kennenlernen der optimalen Lernumgebung, die sinnvolle Einteilung des Erlernens des Unterrichtsstoffes zu Hause, das Entgegenwirken von Prüfungsangst bis zu gruppendynamischen Prozessen in Form von Spielen und letzten Endes die Auswirkungen und das Stoppen von Mobbing.
„Wenn man nachfragt, erzählen sie davon, was sie bedrückt.“
Wie kann man sich eine solche Unterrichtsstunde vorstellen?
Im Sozialen Lernen wird – dem Alter entsprechend – sehr spielerisch gearbeitet.
Diese Inhalte werden spielerisch, meist in Kleingruppen innerhalb des Klassenverbands, erarbeitet und am Ende aller Einheiten mittels eines Feedbacks evaluiert.
Sind Sie schon mal in eine Situation gekommen, in der sie einer Schülerin oder einem Schüler geholfen haben?
Immer wieder gibt es Situationen im Schulalltag, in denen auffällt, dass es Schülerinnen und Schülern schlecht geht. Oft, wenn man nachfragt, erzählen sie davon, was sie bedrückt. Manchmal ist es notwendig, weitere Maßnahmen zu setzen (z. B. bei Mobbing), manchmal reicht es auch schon, dass die Kinder und Jugendlichen das Gefühl bekommen, dass sie gesehen werden, dass man ihnen zuhört. Im Rahmen des Psychologieunterrichts, besonders im Wahlpflichtfach Psychologie, gebe ich dem Thema psychische Gesundheit auch großen Raum, lade Experten ein, besuche das Psychosoziale Zentrum mit ihnen, zeige ihnen und übe mit ihnen Strategien, um sich selbst zu helfen.
Ja, ich war schon einige Male in der Lage, Schüler:innen behilflich sein zu können. In Mobbingfällen habe ich Helfergruppen gebildet und zahlreiche Gespräche mit Schüler:innen geführt, in psychischen Notsituationen konnte ich Schüler:innen zu Gesprächen mit unserer Schulpsychologin bewegen bzw. sie an das Psychosoziale Zentrum oder an das Hartberger Streetwork-Team verweisen, in Fragen der weiteren Ausbildung konnte der Kontakt zu Betreuer:innen des Jugendcoachings geknüpft werden.
Gemeinsam daran arbeiten, Probleme zu lösen
Wie geht man an Ihrer Schule mit Problemen, wie beispielsweise Mobbing um?
In den letzten Jahren ist ein gutes Bewusstsein dafür entstanden, dass bei Problemen zusammengearbeitet wird, dass vom Einzelkämpfertum weggegangen wird und gemeinsam daran gearbeitet wird, Probleme zu lösen. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten und Teams (Vertrauenslehrer, Anti-Mobbing-Team etc.), die man auch sehr niederschwellig kontaktieren kann, sowohl von Schüer:innenseite als auch von Elternseite. Im Wesentlichen werden viele Gespräche geführt.
Bei Problemen wie Mobbing gibt es an unserer Schule sehr viele Hilfsmöglichkeiten: das Anti-Mobbing-Team, die Peer-Mediatoren, unsere Schulärztinnen, unsere Schulpsychologin, die einen Vormittag pro Woche anwesend ist, sowie eigene Klassenkonferenzen zu diesen Problemen, die von den KVs einberufen werden.
Was könnte am System noch besser werden?
Manchmal trauen sich Schüler und Schülerinnen nicht, ein Problem anzusprechen (z. B. Mobbing), weil sie fürchten, dass es dann noch schlimmer wird. Es kommt auch vor, dass Eltern Probleme verschweigen. Die Kommunikation könnte noch besser, offener sein. Mehr Ressourcen (Schulpsychologie, Schulsozialarbeit) wären wünschenswert.
Prinzipiell sind wir an unserer Schule sehr gut aufgestellt und können gezielt Hilfestellung geben, jedoch wäre bei unserer enormen Schüler:innenzahl ein Sozialarbeiter regelmäßig vor Ort, bzw. die tägliche Anwesenheit unserer Schulpsychologin sehr wünschenswert. Leider wechseln unsere Schulpsycholog:innen beinahe jährlich, weshalb die Vertrauensbasis zu unseren Schüler:innen jedes Jahr aufs Neue geschaffen werden muss. In dieser Hinsicht wäre eine Kontinuität in der schulpsychologischen Betreuung ebenfalls wünschenswert.
Tage der psychischen Gesundheit
Und was läuft schon gut?
Es gibt ein großes Bewusstsein für den Stellenwert der psychischen Gesundheit in der Schule. Der Lehrkörper arbeitet bei Problemen zusammen, es gibt viele Anlaufstellen für Schüler und Schülerinnen.
Was wünschen Sie sich in Bezug auf Psychische Gesundheit an Schulen?
Mehr Information in Form von Fortbildungen und Workshops. Vor allem die Eltern müssten noch mehr einbezogen werden. Wie schon erwähnt, wäre ein:e täglich an der Schule anwesende Schulsozialarbeiter:in sehr wichtig, um das Lehrpersonal zu entlasten, dessen vorrangige Aufgabe es ja ist, zu unterrichten.
In Bezug auf psychische Gesundheit wünsche ich mir mehr Workshops, Fortbildungsveranstaltungen oder Vorträge, die sowohl auf Schüler:innen, Lehrer:innen als auch auf Eltern bezogen sind. Im Oktober werden an unserer Schule die Tage der psychischen Gesundheit angeboten, die all diese Personengruppen zwei Tage lang in diese Thematik mit einbeziehen werden.
Herzlichen Dank für das Interview!
NADINE KOTTAR
Beitragsbild: Ground Picture/Shutterstock
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